3. August 2016
München (ots) – Die europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ist
auf alle Erbfälle seit dem 17. August 2015 anwendbar. Sie regelt in
erster Linie, welches Recht auf Erbfälle in den EU-Mitliedstaaten zur
Anwendung kommt. Auch wenn das Gesellschaftsrecht vom
Anwendungsbereich der EU-ErbVO ausgenommen ist, sind die bestehenden
Schnittstellen zum Gesellschaftsrecht von großer praktischer
Relevanz.
Bei der Vererbung von Unternehmensbeteiligungen spielt neben dem
Erbrecht das Gesellschaftsrecht eine entscheidende Rolle. Vereinfacht
gesagt richtet es sich nach erbrechtlichen Vorschriften, wer zu
welchem Anteil am Nachlass beteiligt ist, während die
gesellschaftsrechtlichen Regelungen ausschlagend dafür sind, ob der
Erbe tatsächlich dauerhaft als Gesellschafter in das Unternehmen
nachrücken kann. Es muss daher sichergestellt werden, dass Erb- und
Gesellschaftsrecht möglichst harmonisch ineinander greifen. Das
anzuwendende Gesellschaftsrecht bestimmt außerdem darüber, welche
Auswirkungen der Tod eines Gesellschafters auf den Fortbestand der
Gesellschaft hat und ob die Gesellschafterstellung überhaupt
vererblich ist.
Unternehmensnachfolge mit grenzüberschreitendem Bezug
Oft haben Erbfälle durch die fortschreitende Globalisierung einen
grenzüberschreitenden Bezug, beispielsweise wenn der Erblasser im
Ausland lebt oder im Ausland belegenes Vermögen hat. Bei solchen
grenzüberschreitenden Sachverhalten können unterschiedliche
Rechtsordnungen zur Anwendung gelangen, sodass beispielsweise das
Erbrecht eines Landes und das Gesellschaftsrecht eines anderen Landes
zum Tragen kommen. Die EU-ErbVO regelt, welches Erbrecht anwendbar
ist – in der Regel das Recht des Landes, in welchem der Erblasser
seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hingegen existiert im
Gesellschaftsrecht ein solch einheitliches Recht in Europa nicht,
sodass weiterhin das jeweilige nationale Recht darüber entscheidet,
welche Rechtsordnung für gesellschaftsrechtliche Fragen zur Anwendung
kommt.
Großer Gestaltungsspielraum im deutschen Gesellschaftsrecht
Nach deutschem Recht gilt jedenfalls für inländische
Gesellschaftsformen das deutsche Gesellschaftsrecht. Vor allem im
Bereich der Personengesellschaften (Gesellschaft bürgerlichen Rechts,
Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft) besteht hiernach
großer Gestaltungsspielraum. Die Gesellschafter können anstelle der
oftmals nicht den Bedürfnissen der Beteiligten entsprechenden
gesetzlichen Regelungen passende Regelungen in den
Gesellschaftsvertrag aufnehmen. So können im deutschen
Personengesellschaftsrecht beispielsweise als Alternative zum
Ausscheiden eines Gesellschafters im Todesfall sog. Fortsetzungs- und
Nachfolgeklauseln vereinbart werden, welche die Fortsetzung der
Gesellschaft allein mit den verbliebenen Gesellschaftern, oder die
Nachfolge sämtlicher oder auch nur bestimmter Erben vorsehen können.
Bei GmbH-Geschäftsanteilen können beispielsweise Klauseln sinnvoll
sein, die es den übrigen Gesellschaftern erlauben, gegen eine
Abfindung den Geschäftsanteil nach dem Tod eines Gesellschafters
einzuziehen oder die Abtretung zu verlangen.
Rechtssicherheit durch notarielle Vertragsgestaltung
Die rechtlichen Probleme, die sich an der Schnittstelle von Erb-
und Gesellschaftsrecht zeigen, sind insbesondere bei
grenzüberschreitenden Sachverhalten besonders komplex. Neben der
optimalen Abstimmung zwischen gesellschaftsrechtlichen Regelungen und
erbrechtlicher Gestaltung müssen potentiell unterschiedliche
Rechtsordnungen miteinander in Einklang gebracht werden. „Für eine
interessengerechte Regelung der Unternehmensnachfolge ist die
vorausschauende Planung in solchen Fällen von besonderer Bedeutung“,
erklärt Notar a. D. Dr. Florian Meininghaus, Geschäftsführer der
Landesnotarkammer Bayern. „Auf Grund der Beurkundungszuständigkeit,
die den Notarinnen und Notaren im deutschen Erb- und
Gesellschaftsrecht zukommt, und deren bestehender Expertise auf
diesen Gebieten, ist Ihr Notar der richtige Ansprechpartner, um durch
umsichtige Vertragsgestaltung eine optimale Nachfolgeplanung gerade
für Unternehmer zu gewährleisten.“ Die notarielle Beratung und
Vertragsgestaltung ermöglicht somit auch in international gelagerten
Fällen eine sichere Nachfolgeplanung an der Schnittstelle zwischen
Erb- und Gesellschaftsrecht.
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Dr. Katharina Hermannstaller,
Notarassessorin, Referat für Öffentlichkeitsarbeit der
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